Besser stricken, besser zeichnen, beim Sprechen weniger Äh und Ähm sagen: Wir Menschen streben ständig nach Verbesserung. Und als Selbstständige:r kennst du das vielleicht auch: Du willst bessere Texte schreiben. Deinen Schreibstil verbessern. Passendere Formulierungen finden, die beste Zielgruppenansprache finden… wie sagt man so (un-)schön: Deine Texte aufs nächste Level bringen. (Bitte lass diese Floskel weg.)
Und ich habe das schon in hier beschrieben: Das funktioniert am besten mit einem Growth Mindset.
Denn was ist der beste Weg, um immer besser zu werden? Genau: Üben, üben, üben. Umsetzen. Ins Tun kommen. Denn nur hier, im aktiven Handeln, kann Wachstum tatsächlich stattfinden. Nun, und was hindert uns so oft daran? Jep: Unser Perfektionismus.
Der sorgt nämlich oft dafür, dass wir gar nicht so richtig ins Tun kommen. Und damit siehts in Sachen Wachstum eher schlecht aus – vor allem, wenn es darum geht, bessere Texte zu schreiben.
In diesem Blogartikel erzähle ich dir von meinem eigenen Perfektionismus, der mir zu gern im Weg herumsteht – und mit welchen Methoden ich ihn in die Knie zwinge.
Inhalt
Ich, einfach perfektionistisch?
Neulich sagte eine Freundin zu mir: „Für dich als alte Perfektionistin ist das natürlich schwierig hinzunehmen.“ (Es ging dabei um das Thema Kindererziehung)
Meine erste Reaktion: „Perfektionistin? Iiiiiich?“
Obwohl ich sowas schon öfter über mich gehört hatte, war das Bild einer Perfektionistin bis dahin ungefähr das letzte, womit ich mich in Verbindung gebracht hätte.
Wenn ich doch so perfektionistisch bin, müssten dann nicht all meine Ergebnisse und die Dinge, die ich tue, viel toller sein?
Kann ja wohl nicht sein, dass ich als Perfektionistin ständig unperfekt abliefere, oder?
Wikipedia sagt dazu:
„Perfektionismus ist ein Persönlichkeitsmerkmal, das in erster Linie durch sehr hohe Maßstäbe, einer Rigidität der Maßstäbe und einem leistungsabhängigen Selbstwert charakterisiert ist.“
(Na, sind der Perfektionistin in euch die Fehler im Satz aufgefallen? Uarr…)
Anyways, über die Ergebnisse steht da nichts.
Irgendwie auch klar: Natürlich kann man hohe Maßstäbe setzen, am Ende aber hinter seinen Erwartungen zurückbleiben. Vor allem zeichnet sich Perfektionismus oft dadurch aus, dass man vieles gar nicht erst zu Ende bringt. Klar: Ist ja auch nicht perfekt genug, also geben wir auf halber Strecke auf.
Ich halte mich grundsätzlich für eine reflektierte Person, aber tatsächlich dachte ich in diesem Moment zum ersten Mal darüber nach, in welchen Situationen des Alltags ich perfektionistisch bin – und ja, wahrscheinlich ist da schon was dran.
Ich dachte daran, wie viele Vorhaben und Projekte in meinem Leben ich angefangen und nicht beendet habe, weil ich es einfach nicht so gut hinbekam, wie ich mir das vorgestellt hatte.
Daran, was ich bisher alles gar nicht erst probiert hatte, weil ich dachte: Das kann ich nicht gut genug, also kann ich es auch gleich lassen.
Ich überlegte, wie lange ich Dinge oft im stillen Kämmerlein „ausprobiere“, die am Ende niemals wirklich das Licht der Welt erblicken, weil ich sie für nicht öffentlichkeitsfähig halte.
In wie vielen Situationen in meinem Leben ich mich zurückgehalten habe, weil ich erst noch üben, ein Buch darüber lesen, einen Podcast darüber hören wollte.
Wie oft ich Ideen direkt wieder verworfen habe, wegen „sowieso nicht gut genug“.
Ich könnte ewig weitermachen, und am Ende muss ich zugeben: Ja – womöglich bin ich eine Perfektionistin.
Nicht auf diese pathologische Art, so schlimm ist es nicht.
Aber ja, jetzt weiß ich: Meine Ansprüche sind hoch, meistens viel höher als nötig. Ich halte das nicht zu 100% für schlecht, aber na ja, es stimmt schon: Man kann’s übertreiben.
Die gute Nachricht ist: Man kann wirklich daran arbeiten. Und lernen, den Perfektionismus abzulegen.
Steckt auch in dir eine Perfektionistin?
Ist es dein Perfektionismus, der dich daran hindert, bessere Texte zu schreiben? Wenn du dir diese Frage stellst, kommt hier ein kleiner Selbsttest:
„Ich denke oft schon während des Schreibens, dass ich gerade nicht den richtigen Ton treffe.“
„Ich suche beim Schreiben ewig nach den richtigen Worten und will von Anfang an die perfekten Sätze formulieren.“
„Wenn ich meinen Text am Ende durchlese, denke ich, dass er noch viel besser sein könnte.“
„Beim Schreiben komme ich oft ins Stocken, weil ich schon weiß, dass mir das Ergebnis nicht gefallen wird.“
„Ich überarbeite meine Texte oft 5-6 Mal oder öfter, weil ich nicht mit dem Ergebnis zufrieden bin.“
„Wenn ich andere Texte lese, habe ich IMMER das Gefühl, dass sie viel besser sind als meine.“
„Ich breche meine Texte oft zwischendurch ab, weil ich merke, dass ich erst noch mehr googlen/nachlesen/etwas über das Thema lernen muss.“
Treffen eine oder mehrere Aussagen auf dich zu? Dann darf ich dir verkünden: Ja, du bist beim Schreiben zu perfektionistisch.
(Es versteht sich zwar von selbst, ich möchte aber trotzdem betonen, dass dies keine allgemeine Diagnose darstellt – du kannst auch im Schreiben perfektionistisch sein und im sonstigen Leben ein:e absolute Pragmatiker:in – also bitte nicht zu ernst nehmen!)
Schreib-Perfektionismus hat eine gute Seite: Denn damit bringst du eine Gewissenhaftigkeit mit, die dich an deinem Text arbeiten lässt. Klar, die erste Version deiner Webseitentexte wird selten perfekt daherkommen. Dass du dich mit Sorgfalt an die Überarbeitung machst, ist grundsätzlich eine gute Sache.
Das war’s aber dann auch schon. Denn dann wendet sich das Blatt: Wenn du es mit der Überarbeitung übertreibst, wirst du irgendwann an den Punkt kommen, an dem du „betriebsblind“ für unsere eigenen Texte wirst: Nachdem du deinen Text einige Male umgeschrieben hast, wirst du die Worte vor lauter Buchstaben nicht mehr sehen – und dann wird dich keine Überarbeitung der Welt mehr weiterbringen.
Bessere Texte schreiben? So hindert dich dein Perfektionismus daran
Um gute, authentische Texte schreiben zu können, brauchst du etwas, was ich Schreibfreiheit nenne:
Eine größtmögliche innere Freiheit, die dich unbeschwert auf deine eigenen Worte zugreifen lässt.
Nur so kann sich dein eigener Schreibstil entwickeln und deine Kreativität frei entfalten: Ohne fremde Regeln und Vorgaben, ohne Ge- und Verbote von außen, ohne Wertungen und vorschnelle Verurteilungen.
In einer optimalen Schreibwelt darfst du einfach ganz du selbst sein und schreiben.
So können sich deine Ideen beim Schreiben entfalten und du kannst Schritt für Schritt deine Schreibstimme entwickeln.
Und so entstehen Texte, in denen du dich wirklich wiedererkennst: Texte, die buchstäblich „deine Handschrift“ tragen.
Das ist die optimale Schreibsituation (die wir natürlich so niemals zu 100% perfekt vorfinden werden, auch klar).
Wenn dir dein Perfektionismus beim Schreiben permanent und wie ein kleines Teufelchen auf der Schulter sitzt, ist die Gefahr groß, dass…
… sich deine Texte steif und überbearbeitet lesen,
… du jede Authentizität und Spontaneität im Text killst,
… du dich öfter in Schreibblockaden hineinmanövrierst,
… dein Text gar nicht erst fertig wird, weil du wieder und wieder daran herumtüftelst und ihn kurz vor Ende entnervt in die Tonne kickst.
Und: Natürlich verschwendest du durch deinen Perfektionismus wahnsinnig viel Lebenszeit, die du als Selbstständige natürlich nur zu gut in andere Aufgaben stecken könntest.
Wie dein Perfektionismus den Veröffentlichen-Button blockiert
Ein Gedankenspiel: Du sitzt an einem Text für deine Über-mich-Seite und kommst so richtig in den Schreibflow. Die Worte fließen aufs Papier, das Schreiben macht kribbelige Glücksgefühle im Bauch – und am Ende liest du dir alles durch und die innere Kritikerin sagt: Puh, also das geht aber besser.
Auch nach der 4. Überarbeitung ist die Kritikerin kein Stück leiser geworden: Schreib das nochmal, was soll denn das hier heißen? Das kapiert doch kein Mensch, was damit gemeint ist! Das kann die Konkurrenz aber besser!
Und du? Stimmst ihr einfach zu: Klar, der Text ist einfach nicht so gut geworden, wie er für eine perfekte Über-mich-Seite sein sollte, auch nicht nach der drölften Überarbeitungsschleife.
Vielleicht, weil zu wenig Persönliches drinsteht. Oder zu viel. Eigentlich weißt du das gar nicht genau.
Spielt auch keine Rolle: Am Ende landet der Text für deine Über-mich-Seite im virtuellen Papierkorb. Und du beschließt:
a) Ich schreibe ihn nochmal neu und strenge mich dann mehr an.
b) Ich lasse es einfach, dann geht die Webseite eben ohne Über-mich-Seite online.
Ganz gleich, welche der Varianten du dir denkst, wahrscheinlich ist: Der Text im Papierkorb wäre die bessere Alternative gewesen.
Wenn du jetzt denkst: „Na ja, aber MEINE Texte sind eben wirklich IMMER schlecht und immer nur papierkorbwürdig“ – merkste selbst, dass genau das ein Teil des Problems ist, oder?
Stell dir nun vor: Du schreibst den Text. Er ist nicht perfekt, aber du hast alles reingesteckt, was du kannst und weißt. Die innere Kritikerin geht kurz in die Mittagspause und du nutzt den Moment, um auf „Veröffentlichen“ zu klicken. Wow, da steht er jetzt – und weißt du was? Es ist DEIN Text für DEINE Über-mich-Seite – herzlichen Glückwunsch, er ist online!
Was passiert nun?
Kommt jetzt die Copywriting-Polizei, um dich in Handschellen abzuführen, weil schlechte Texte mit bis zu 5 Jahren Cyber-Haft bestraft werden?
Nein.
Was passiert, ist: Du kannst erleichtert durchatmen. Ein nicht perfekter Text ist online. Und weil „online“ nicht die lateinische Übersetzung von „in Stein gemeißelt“ ist, kannst du ihn nach einer Weile immer noch anpassen (aber JETZT NICHT).
Wenn du jetzt sagst: Hä? Wie soll ich meinen Schreibstil verbessern und bessere Texte schreiben, wenn ich Schlechtes einfach online stelle?
Guter Punkt.
Das Ding ist: An dem Punkt, an dem du im stillen Kämmerlein an deinen Texten vor dich hingetüftelt hast, warst du schon mehrfach.
All das hat dich genau hierhergebracht: Zur Veröffentlichung. Und jetzt kannst du sehen, wie es weitergeht – jetzt kommt der nächste Schritt. Ab hier kannst du weiterarbeiten: Ausprobieren, wie dein Text ankommt. Herausfinden, was du überarbeiten kannst – und was vielleicht auch einfach stehenbleiben darf.
Perfektionismus ausgedribbelt!
7 Tipps, wenn du deinen Schreibstil verbessern und deinen Perfektionismus ablegen willst
1. Nimm deinen Perfektionismus wahr
Meine persönliche Perspektive auf meinen Perfektionismus hat sich grundlegend verändert, als ich ihn für mich akzeptiert habe – denn nur gegen das, was man als vorhanden erkennt, kann man auch aktiv vorgehen. Dabei ist der Perfektionismus erstmal nichts „Schlimmes“ – ich kann über meine perfektionistischen Anflüge lachen, wenn ich sie bemerke – und sie dann aktiv beiseiteschieben.
2. Gib einfach mal nur 80%
Bist du offen für ein kleines Experiment? Wenn du dir immer vornimmst, alle Aufgaben zu 120% zu erfüllen und immer die Extrameile zu gehen: Schieb diesen Vorsatz heute mal zur Seite und nimm dir vor: Heute gebe ich mal überall nur 80%.
Du wirst sehen: Das ist mehr als genug. Auch beim Schreiben deiner Texte. Behalte den 80%-Gedanken den Tag über im Kopf und beobachte, was passiert. (Meine Prognose: Nichts nennenswertes, außer dass du dich abends weniger erschöpft und verausgabt fühlst.)
3. Mach dich mit dem Konzept der Unvollkommenheit vertraut
Wir sind Menschen, und niemand ist perfekt. Das ist kein tragischer Zustand, den wir unter größtem Schmerz hinnehmen müssen – sondern im ersten Moment eine ziemlich neutrale Tatsache. Auch deine Mama, dein Nachbar und dessen Hund sind vollkommen, niemand ist perfekt, von niemandem wird es erwartet – und das darfst du so akzeptieren.
4. Setz dir realistische Ziele
Ein Merkmal von uns als Perfektionist:innen ist es, dass wir uns kilometerhohe Ziele setzen, die kaum erreichbar sind. Ich erlebe das wöchentlich, wenn ich meine Wochenziele festlege – ich arbeite seit einiger Zeit daran, sie realistischer zu gestalten, aber sie sind immer noch viel zu ambitioniert.
Ich nähere mich in kleinen Schritten der Realität an ;) Und rate dir an dieser Stelle das Gleiche: Starte mit kleinen Zielen. Wenn du nicht weißt, wie das geht (been there, done that): Nimm dein Ziel und brich es in kleine Teilziele herunter.
5. Nutze Produktivitätstechniken wie Pomodoro, um Prokrastination zu vermeiden
Ein Klassiker: Wenn dich dein Perfektionismus (unbewusst) davon abhält, überhaupt erst zu starten. Oder du immer wieder ins Stocken kommst, weil die Worte nicht so fließen, wie du es dir wünschst, und du alle 3 Minuten zur Ablenkung aufs Handy schielst – und das dazu führt, dass du am Ende einfach nur deine Zeit verplempert hast.
Ich nutze seit einiger Zeit die Pomodoro-Methode (und konkret diesen Tracker), um mich für 20 Minuten voll und ganz auf eine Aufgabe konzentrieren zu können. Du kannst dir für diese Zeit konkret vornehmen: Die Perfektionistin in mir hat jetzt Sendepause!
6. Starte deine Schreibroutine mit Freewriting
Noch eine Möglichkeit, deine innere Perfektionistin von Anfang an ruhigzustellen und ganz nebenbei bessere Texte zu schreiben: Steig mit 10 - 15 Minuten Freewriting in deine Schreibroutine ein: Nimm dir einen Stift und ein Notizbuch oder Papier und schreib einfach drauflos – ohne Ziel, ohne konkrete Absichten, ohne feste Intention. Beim Freewriting schreibst du auf, was dir in den Kopf kommt, im Idealfall, ohne den Stift abzusetzen (das ist aber kein absolutes Muss, no pressure).
Du kannst das Geschriebene am Ende wegwerfen, zerknüllen, zerreißen – du musst es nicht einmal mehr durchlesen, es hat nur den Sinn, deinen Kopf zu „entleeren“. Dadurch ist dein Perfektionismus überflüssig und hat sich fürs Erste verabschiedet – und du kannst dich entspannt an deinen nächsten Text setzen.
7. Hol dir Feedback ein – und glaub auch, was du hörst
Wir Perfektionisten setzen oft völlig überhöhte Maßstäbe an unsere Arbeit – andere Menschen, die es gut mit uns meinen, wahrscheinlich nicht. Bevor du also beim nächsten Mal einen Text wegwirfst, weil du ihn für Schrott hältst – frag doch mal deine:n Kolleg:in um seine bzw. ihre Meinung. Du willst deinen Text nicht herzeigen, weil du denkst, er müsste besser sein? Dann schau dir nochmal Tipp 1 in dieser Auflistung an ;)
Mein Plädoyer für Texte, die nicht perfekt sind!
Meine ganz persönliche Meinung ist:
Perfekte Texte sind ziemlich langweilig. Und niemand will sie WIRKLICH lesen.
Es ist doch so:
Wir sind alle Menschen, mit Ecken und Kanten und Vorlieben und Abneigungen und Talenten und Unfähigkeiten.
Wir sind keine Roboter, denen die perfekten Sätze aus der Tastatur fallen.
Hinter uns steckt mehr als die Sätze, die ChatGPT aus unseren Prompts zusammenklamüsert – und diese Persönlichkeit, unsere Menschlichkeit, unsere Ecken und Kanten, unsere Schreibstimme: Das alles ist es, was unsere Texte lesenswert macht. Und das hat nichts mit Perfektion zu tun.
Deshalb finde ich: Wir alle (ja, auch ich selbst) sollten viel weniger nach Perfektion streben. Sondern nach Echtheit. Nach Authentizität. Nach eigenen Worten, mit denen wir unsere eigenen Gedanken zu Papier bringen.
Wir alle machen Fehler, und das macht uns menschlich.
Wir alle können manche Dinge besser als andere, in manchen sind wir schlechter, für manches brauchen wir länger, in manchen sind wir blitzschnell – am wichtigsten ist, dass wir einfach wir selbst sind.
Hi! Ich bin Sarah von Nahmen und helfe Selbstständigen wie dir dabei, ihren Perfektionismus abzulegen und ihre eigene Markenstimme zu finden.
Hast du Lust, herauszufinden, wie du Texte schreibst, die wirklich nach dir klingen? Dann schreib mir und wir nehmen uns der Sache an!
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